Baden-Württembergs Kampagne zur Gewinnung neuer Lehrkräfte fällt vor allem negativ auf
„GELANDET UND GAR KEINEN BOCK AUF ARBEIT MORGEN? HURRAAA! MACH WAS DIR SPAß MACHT UND WERDE LEHRER*IN.“, steht am Stuttgarter Flughafen in großen Lettern auf einem Plakat der Landesregierung Baden-Württemberg zu lesen. Auf der Website des Kultusministeriums im sogenannten „Ländle“ gibt es dann unter https://www.lehrer-in-bw.de/ einen „Quick-Check“, mit dem sich herausfinden lässt, wie die Angesprochenen möglichst schnell in den Schuldienst eintreten können. Auch für Menschen ohne Berufsausbildung gibt es einige tolle Angebote: „NIIICE! DU KÖNNTEST VERTRETUNGSLEHRKRAFT ODER UNTERSTÜTZUNGSLEHRKRAFT WERDEN ODER GEFLÜCHTETE UND NEU ZUGEWANDERTE KINDER UND JUGENDLICHE UNTERRICHTEN. – JETZT BEWERBEN“, steht hier zu lesen.
Hauptsache auffallen
Laut Spiegel online erklärt ein Sprecher des Kultusministeriums in Baden-Württemberg zur Kampagne, dass man schließlich auffallen müsse. Die Slogans seien bewusst so gewählt worden, um Aufmerksamkeit zu erregen. „Man muss schließlich auffallen, und das tun etwa die Plakate. Das ist gut, und es funktioniert auch.“
Selbstverständlich wirft die Aussage in solch einem Zusammenhang die Frage nach dem Bewusstsein der gesamten Landesregierung im so genannten „Ländle“ auf, deren grüner Ministerpräsident (Foto), der Lehrersohn Winfried Kretschmann, selbst gelernter Gymnasiallehrer ist, aber eben schon lange nicht mehr unterrichtet hat.
Der Grundschulverband, der für die Interessen der Schülerinnen und Schüler eintritt, hat dazu eine Stellungnahme publiziert:
Das sitzt. „Da schlägt sie einem knallhart ins Gesicht, eine mangelnde Wertschätzung gegenüber Lehrerinnen und Lehrern, die gerade in Zeiten des massiven und lang anhaltenden Lehrkräftemangels täglich bis an ihre Grenzen und oft auch darüber hinaus gehen.
Ja, der Grundschulverband teilt uneingeschränkt die Sorge des Kultusministeriums im Hinblick auf die Mangelmisere. Und unterstützt den Ansatz, dass alles getan werden muss, um diesen Missstand zu beheben. Wirklich alles?
Berappelt man sich, nachdem es einem erst einmal die Sprache verschlagen hat ob dieser fragwürdigen Äußerungen der Werbekampagne, dann scheint es dringend geboten, zwei zentrale Fragen aufzuwerfen:
- Wer fühlt sich von dieser Kampagne angesprochen?
- Sind damit die Lehrkräfte angesprochen, die Grundschulkinder brauchen, die ihrerseits das Recht auf eine allseitige und grundlegende Bildung haben?
Bereits im Verteidigungsmodus angekommen, führt das Kultusministerium an, es hätten sich schon nach wenigen Tagen 8000 Interessierte auf die Kampagne hin gemeldet.
„Keinen Bock auf Arbeit morgen?“ Wollen wir ernsthaft Menschen an unseren Schulen wissen, die „keinen Bock auf Arbeit“ haben? Neben aller notwendigen pädagogischen und fachlichen Qualifizierung von Quer- und Direkteinsteigerinnen und -einsteigern kommt es zuvorderst auf die Haltung und Einstellung an, mit der die Aufgabe, den Bildungs- und Erziehungsauftrag für Kinder zu erfüllen, angegangen wird. Die Haltung, die mit den Plakaten der Kampagne angesprochen wird, kann und darf es ganz sicher nicht sein! Kinder – zumal im Nachgang zu Corona – brauchen Menschen und Lehrkräfte, die sich nach Kräften zugewandt und umfänglich um ihre allseitige Bildung und Erziehung bemühen. Das ist kein „Job“, den man im Schmalspurmodus nebenher erledigt!
Ja, es braucht die Anstrengung aller, die im Bildungssystem Verantwortung tragen, Möglichkeiten zu suchen, den Lehrkräftemangel zumindest abzusoften (behoben werden kann er mit allen bereits angedachten und noch folgenden Maßnahmen sehr wahrscheinlich ohnehin nicht). An dieser Suche beteiligt sich der Grundschulverband auch gerne weiterhin.
Und nein – so geht‘s nicht! Hier schließt sich der Grundschulverband der Kritik der anderen Verbände uneingeschränkt an. Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an edgar.bohn@gsv-bw.de.“
Anmerkung der Redaktion
Zum Vorgehen der grün-schwarzen Landesregierung ließe sich sehr viel sagen. Bietet sie doch einen tiefen Einblick in die Gemütslage dieser Politikerinnen und Politiker, vor allem der grünen Kultusministerin Theress Schopper (Foto). Immerhin sind der Landesregierung zwei Dinge gelungen. 1. Sie fällt auf. 2. Sie hat richtig gegendert. Ansonsten hat sie mit Ihrer Missachtung gegenüber Schülerinnen, Schülern und Lehrkräften einen echten Skandal produziert, der vor allem einen enormen Dilettantismus im Bereich Bildung und Bildungspolitik offenbart.
Einerseits leistet sich „The Länd“ noch immer ein aufwendiges Lehrerstudium, in dem anders als in anderen Bundesländern, ein Referendar aufgrund der subjektiven Entscheidung zweier Prüfer an einem einzigen Tag durch eine Lehrprobe der Zugang zum Lehrerberuf verweigert werden kann. Andererseits bedarf es wohl aus Sicht dieser Landesregierung kaum einer Qualifikation, um Kinder zu unterrichten. Gerade bei Kindern, die eben zugewandert sind, scheint der Bedarf an Qualifikation besonders niedrig zu sein. Dabei bräuchten doch gerade die Schwächsten im Bildungssystem, eine besondere Aufmerksamkeit durch unsere Gesellschaft.
Eine wesentliche Kompetenz, die den Machern dieser Kampagne zudem zu fehlen scheint, ist „soziale Kompetenz“. Letztlich ist ihr Handeln aber auch nur das Ergebnis einer über viele Jahrzehnte hinweg kurzsichtigen Bildungspolitik, die es sich bis zum heutigen Tag leistet, an unseren wichtigsten Gütern, den Kindern und ihrer Bildung, zu sparen, um damit unser aller Zukunft zu verspielen. Das muss endlich aufhören.
Gernot Körner